Die Innenarchitektur der ETH Zürich: Ein Meisterwerk zwischen Tradition und Moderne

Die Eidgenössische Technische Hochschule Zürich (ETH Zürich) zählt nicht nur zu den weltweit führenden Hochschulen für Naturwissenschaften, Technik und Architektur, sondern ist selbst ein herausragendes Beispiel für durchdachte und visionäre Innenarchitektur. Ihre Gebäude vereinen Geschichte, Innovation und Funktionalität auf höchstem Niveau.

Dieser Artikel beleuchtet die architektonische Innenwelt der ETH Zürich – von historischen Prunkräumen über moderne Forschungslabore bis hin zu visionären Arbeitsumgebungen.

Hauptgebäude – das Herzstück der ETH Zürich



Das monumentale Hauptgebäude, entworfen vom Architekten Gottfried Semper, wurde zwischen 1859 und 1864 errichtet und bildet bis heute das architektonische Zentrum der ETH Zürich. Die Innenarchitektur orientiert sich am Ideal klassischer Bildungsarchitektur: weite Flure, hohe Decken, symmetrische Achsen und eine lichtdurchflutete Aula mit historischen Fresken.

Besondere Räume:

– Die imposante Semper-Aula mit Stuckdecke und klassizistischen Verzierungen
– Hörsäle mit originalen Holzverkleidungen
– Natursteinfussböden, Messinggeländer und massive Holztüren

Der historische Stil ist nicht nur ästhetisch ansprechend, sondern auch Ausdruck des Bildungsverständnisses des 19. Jahrhunderts: Würde, Klarheit und Ordnung.


Tipp: Jeden ersten Mittwoch im Monat bietet die ETH kostenlose Architekturführungen durchs Hauptgebäude an – auch für Nicht-Studierende empfehlenswert.

Umbauten im Laufe der Zeit – respektvoll und funktional

Im 20. Jahrhundert wurde das Hauptgebäude mehrfach erweitert und modernisiert. Der Architekt Gustav Gull ergänzte das Gebäude 1914–1925 um neue Fassaden und eine eindrucksvolle Rotunde. Später folgten funktionale Umbauten – etwa die Überdachung der Innenhöfe, neue Lichthöfe und zusätzliche Treppenanlagen.

Stilistische Entwicklung:

– Vom monumentalen Klassizismus zur sachlichen Moderne
– Integration neuer Materialien wie Glas, Stahl und Beton
– Klare Zonierung zwischen Altbau, Anbau und Funktionszonen



Diese Veränderungen wurden mit viel Respekt gegenüber der historischen Substanz umgesetzt – ein gelungenes Beispiel für architektonische Weiterentwicklung.

GLC-Gebäude – Interdisziplinäre Räume für die Gesundheitswissenschaften

Ein Leuchtturmprojekt moderner Hochschularchitektur ist das GLC-Gebäude, das 2020 am Zentrum fertiggestellt wurde. Hier forscht das Departement Gesundheitswissenschaften und Technologie. Die Innenarchitektur, geplant von Boltshauser Architekten, betont Offenheit, Sichtbarkeit und Austausch.

Raumkonzepte im GLC:

– Sichtbeton trifft auf warmes Holz
– Kommunikationszonen mit Lounges und Co-Working-Tischen
– Zentrale skulpturale Betontreppe als verbindendes Element aller Etagen

Besonders bemerkenswert ist das Lichtkonzept: Oberlichter, Glasfassaden und halbtransparente Wände sorgen für Helligkeit und ein Gefühl von Weite – selbst in den Labors.


Tipp: In der Cafeteria des GLC gibt es wechselnde Ausstellungen und öffentliche Vorträge – ein Ort für alle Interessierten.

Octavo – die neue Arbeitswelt der ETH Zürich

Wie sieht das Büro der Zukunft aus? Das Verwaltungsgebäude Octavo gibt eine eindrückliche Antwort: Statt fester Arbeitsplätze dominieren hier Open-Space-Bereiche, Think-Tanks und Rückzugsräume. Die Innenarchitektur wurde als Pilotprojekt für neue Arbeitswelten konzipiert.

Gestaltungselemente:

– Akustisch optimierte Zonen
– Multifunktionale Möbel mit Technikanschluss
– Flexibles Lichtdesign mit Tageslichtsteuerung

Das Ziel: Kreativität fördern, Silos aufbrechen und eine moderne Unternehmenskultur im Hochschulkontext etablieren.

FocusTerra – Museum trifft moderne Innenarchitektur

Das Wissenschaftsmuseum focusTerra im Departement Erdwissenschaften wurde zwischen 2005 und 2009 komplett umgebaut. Die Innenarchitektur kombiniert klassische Universitätsarchitektur mit einem schwebenden Ausstellungskörper aus Stahl und Glas – ein starkes visuelles Signal.

Highlights:

– Offener Grundriss mit Blickbezügen in alle Etagen
– Interaktive Stationen in moderner, zurückhaltender Gestaltung
– Gläserner Aufzug als zentrales Element der Rauminszenierung


Tipp: Besonders lohnenswert ist der Besuch bei einer der Live-Erdbebensimulationen – architektonisch spannend inszeniert.

Innenarchitektur in Lehre und Forschung

Die ETH versteht Raumgestaltung nicht nur als Mittel zum Zweck, sondern als Teil ihrer Identität. Alle neuen Gebäude werden mit Blick auf Flexibilität, Zukunftstauglichkeit und Nachhaltigkeit geplant. Lehrsäle verfügen über modulare Möblierung, Smartboards, Akustikdecken und mobile Technik.

Beispiele für durchdachte Lehre:

– Rundsäle für Diskussionen auf Augenhöhe
– Interaktive Hörsäle mit Gruppenarbeitsplätzen
– Lernzonen in Bibliotheken mit Zonierung für Ruhe und Austausch

Auch Forschungslabors werden zunehmend offen gestaltet – etwa mit Sichtachsen zu Nachbarprojekten, um interdisziplinären Dialog zu fördern.

ETH Hönggerberg – Campus-Architektur als Stadtmodell

Der ETH-Campus Hönggerberg entwickelt sich zu einem eigenen Architekturkosmos. Gebäude wie das HIF (Institut für Baustoffe), das HIT (Institut für Informationstechnologie) oder das HPY (Studierendenzentrum) zeigen, wie sich Forschungsarchitektur gestalten lässt: modular, wandelbar und energieeffizient.

Besondere Bauwerke:

– ETH House of Natural Resources – aus ressourcenschonendem Holz und Beton
– HCP (Pharmagebäude) mit grünem Innenhof und Glasdach
– Arch_Tec_Lab – ein Pavillon mit digital gefertigten Holzbalken

Hier wird Architektur nicht nur genutzt, sondern erforscht – oft in Zusammenarbeit mit dem Departement Architektur.

Fazit: Innenarchitektur als Ausdruck von Bildungskultur

Die Innenarchitektur der ETH Zürich ist kein Zufallsprodukt – sie ist Ausdruck einer Philosophie, die Funktion, Ästhetik und Zukunftsfähigkeit vereint. Vom historischen Hauptgebäude bis zum Hightech-Labor auf dem Hönggerberg zeigt die Hochschule, wie Räume Identität stiften, Kreativität fördern und den wissenschaftlichen Austausch unterstützen können.

Die ETH Zürich macht deutlich: Architektur prägt Lernen – und Lernen prägt Architektur.

 

Quelle: architektenwelt.com-Redaktion
Bildquellen: Octavian Lazar/Shutterstock.com

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