Kiruna-Kirche auf Wanderschaft: Ein Denkmal zieht 5 Kilometer in neuer Präzision
Ein seltenes Ereignis der Bau- und Denkmalgeschichte: Die ikonische Kiruna-Kirche wurde im August 2025 in einem Stück versetzt. Möglich machte dies eine Symbiose aus Schwerlasttechnik und denkmalpflegerischer Sorgfalt.
Die hölzerne Kirche, seit 1912 ein Wahrzeichen Nordschwedens, wurde behutsam über 5 Kilometer transportiert. Die niederländische Spezialfirma Mammoet realisierte die Bewegung, unterstützt von Denkmalpflegern, Ingenieuren und Restauratoren.
Ein denkmalgeschütztes Bauwerk auf der Reise
Die Kiruna-Kirche gilt als eines der wichtigsten Holzbauwerke Skandinaviens. Architekt Gustaf Wickman gestaltete sie im nationalromantischen Stil, inspiriert von nordischen Stabkirchen. Seit 2001 steht sie unter Denkmalschutz.
Die Verlegung war notwendig, da der Untergrund der Stadt durch jahrzehntelangen Erzabbau instabil wurde. Um das Baudenkmal zu bewahren, entschied man sich für eine spektakuläre Ortsveränderung – eine Aufgabe, die es erforderte, Technik und Denkmalschutz eng zu verzahnen.
Vorbereitung: Dokumentation und Aussteifung
Bevor die Kirche bewegt wurde, erfolgte eine umfassende Dokumentation. Jedes Detail – von der Dachschindel bis zur Innenausstattung – wurde erfasst. Restauratoren überprüften die Substanz und brachten Verstärkungen an kritischen Stellen an.
Um das Tragwerk während der Hebung und Bewegung zu stabilisieren, installierten Ingenieure Stahlträger und temporäre Aussteifungen. Ziel war es, die Holzstruktur vor Verwindungen und Rissen zu schützen.
- Digitale Vermessung der gesamten Kirche
- Statische Ertüchtigung durch Stahlrahmen
- Sicherung empfindlicher Innenausstattung
Der Transport: Präzision in Millimetern
Am 19. und 20. August 2025 wurde die Kirche auf zwei selbstfahrende Modulfahrwerke (SPMT) gesetzt. Mit insgesamt 56 Achslinien bewegte sich das 672 Tonnen schwere Bauwerk langsam auf der vorbereiteten Trasse.
Die Geschwindigkeit betrug nur wenige Meter pro Minute. Sensoren überwachten Neigungen und Schwingungen in Echtzeit, sodass Abweichungen sofort korrigiert werden konnten. Für die Bevölkerung war das Ereignis ein Spektakel: Livestreams und begleitende Veranstaltungen machten den Umzug zu einem öffentlichen Denkmalfest.
Denkmalpflege und Ingenieurkunst im Einklang
Der Transport stellte nicht nur eine ingenieurtechnische, sondern auch eine denkmalpflegerische Meisterleistung dar. Die Herausforderung bestand darin, ein Kulturobjekt von hohem Symbolwert nicht nur zu bewahren, sondern es funktionstüchtig an einen neuen Ort zu bringen.
Die Einbindung der Denkmalpflege sorgte dafür, dass jede Massnahme reversibel und dokumentiert blieb. Dies gewährleistet, dass spätere Restaurierungen die Geschichte der Versetzung nachvollziehen können.
Zukunft der Kirche am neuen Standort
Am Zielort erhielt die Kirche ein neues Fundament, das zukünftige Setzungen minimiert. In den kommenden Monaten erfolgen ergänzende Arbeiten an Aussenhaut, Innenraum und Umfeldgestaltung.
Die Wiedereröffnung ist für 2026 geplant. Damit bleibt die Kirche nicht nur architektonisch erhalten, sondern auch als aktiver Ort des Gemeindelebens und als Denkmal mit neuer Geschichte.
Fazit: Ein Vorbild für künftige Denkmalverlegungen
Die Verlegung der Kiruna-Kirche zeigt, dass selbst grosse und fragile Baudenkmäler mit moderner Technik und sorgfältiger Planung bewahrt werden können. Der Balanceakt zwischen Ingenieurkunst und Denkmalpflege eröffnet Perspektiven für den Schutz weiterer gefährdeter Bauwerke weltweit.
Die Kirche bleibt nicht nur als Architekturdenkmal bestehen, sondern wurde durch ihre Wanderung selbst Teil der Baugeschichte – ein Symbol für die Verbindung von Tradition und Innovation.
Quelle: denkmalpflege-schweiz.ch-Redaktion
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