Passivhausstandard im Gebirge: Anforderungen, Möglichkeiten und Beispiele

Gebäude in alpinen Lagen mit Passivhausstandard zu errichten, erfordert besondere technische, klimatische und gestalterische Lösungen. Dämme, Wärmerückgewinnung, Materialwahl und Hüttenkonstruktionen zeigen Wege auf, wie Nachhaltigkeit und Komfort auch im Hochgebirge möglich sind.

Anforderungen für Passivhäuser in Gebirgsregionen



  • Sehr hohe Dämmung und minimierte Wärmeverluste: Fassade, Dach und Boden müssen extrem gut isoliert sein, um den Wärmebedarf bei tiefen Wintertemperaturen zu decken.
  • Fenster mit tiefem U‑Wert und passivhaustaugliche Verglasungen: Fensterflächen oft klein und gut ausgerichtet, Dreifach- oder sogar Vierfachverglasung, ggf. spezielle Oberlichter besonders geprüft für „Kaltes Klima“.
  • Luftdichtigkeit und kontrollierte Lüftung mit Wärmerückgewinnung: Um Lüftungsverluste zu vermeiden und gleichzeitig Frischluftzufuhr sicherzustellen, ist eine mechanische Lüftung mit hoher Rückgewinnung essenziell.
  • Anpassung an extreme Witterung & Sonneneinstrahlung: Schnee, Wind, Sonnenstunden — Ausrichtung und Dächer müssen Schneelasten tragen, Verschattung oder Überhitzung im Sommer beachtet werden.
  • Baustoffe, Logistik & Vorfertigung: Gewicht und Transportkosten sind in abgelegenen alpinen Regionen kritisch; Vorfertigung, regionale Materialien (z. B. Holz) helfen, Aufwand, Kosten und ökologische Bilanz zu optimieren.

Möglichkeiten und Lösungen in der Praxis



  • Nutzung erneuerbarer Energiequellen vor Ort: Solarpanels, Solarthermie oder kleine Photovoltaik‑Systeme sind häufig kombiniert mit thermischer Sonneinstrahlung und interner Wärmequellen (Bewohner, Geräte).
  • Passive Nutzung von Sonneneinstrahlung und interner Wärme: Südorientierung, grosse Fensterflächen mit hoher Isolierung, effektvolle Innenflächen, die Wärme speichern.
  • Minergie‑P und andere schweizerische Labels: In der Schweiz existieren Zertifizierungen, die ähnlich wie der Passivhausstandard funktionieren, vor allem in Neubauten.

Beispiele aus den Alpen und der Schweiz

  • Die Keschhütte (2’630 m ü. M., Bündner Alpen) zeigt, dass Passivhausprinzipien auch unter extremen Höhenlagen umsetzbar sind. Der Energieverbrauch liegt deutlich unter Schweizer Neubautradition.
  • Das Schiestlhaus am Hochschwab (≈ 2’153 m) ist ein energieautarker alpiner Stützpunkt; Lüftungssystem mit Wärmerückgewinnung, hohe Isolation und gesamte Gebäudeplanung auf Passivhaus ausgelegt.

Herausforderungen & Grenzen

  • Mehrkosten zu Beginn: Aufbau, spezielle Verglasungen, Logistik und Planung ergeben oft höhere Investitionen.
  • Betriebsbedingungen: In grossen Höhen sind autonome Strom‑ oder Wärmeversorgung, Verhalten der Nutzer, Unterhalt und Wartung kritisch. Isolationsdichtheit bei Fensteranschlüssen, Schneeräumung etc. müssen mitgedacht werden.
  • Sonnige Lagen vs. Schattenlagen: Nicht jede Alpenlage bietet genug passive Sonneneinstrahlung; Nordhänge oder Täler können Herausforderung sein.

Fazit

Der Passivhausstandard im Gebirge ist anspruchsvoll, doch mit guter Planung, appropriate Materialien und technischer Umsetzung werden Energieeinsparungen und Komfort auch in alpinen Höhenlagen realisierbar. Beispiele wie die Keschhütte und das Schiestlhaus zeigen: Es geht – unter Einhaltung der Anforderungen, mit Mut zu Innovation und Bereitschaft zu Investitionen.

 

Quelle: architektenwelt.com‑Redaktion
Bildquelle: Screenprints aus youtube.com/watch?v=vHmISXVbblk

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